Jakob Mayr
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Was ist ein dynamisches Formprinzip?
Das dynamische Formprinzip sorgt für bessere Leserlichkeit durch offene, differenzierte Buchstabenformen. In Anita Sans kann diese Eigenschaft flexibel angepasst werden – für optimales Leseerlebnis.
Zur Unterscheidbarkeit und Leserlichkeit von Buchstaben wird von der 2013 aktualisierten DIN 1450 Norm zur Leserlichkeit von Schrift das »dynamische Formprinzip« als besonders geeignet hervorgehoben.
Die Schriftforscherin Indra Kupferschmid beschreibt dieses Prinzip so: »schräge Kontrastachse, offene, runde Formen des a, c und e, zweibäuchiges g, schräger Strichansatz, differenzierte organische Form«¹
Deutlich erkennbar wird das dynamische Formprinzip in Unterscheidung zu Schriften mit statischem (oder geometrischem) Formprinzip. Zum Vergleich kann man die untere Hälfte der Mittellänge, also der Kleinbuchstaben, a, g und q, abdecken. Wenn diese immer noch erkennbar bleiben, ist das Formprinzip dynamisch. Wenn die drei Buchstaben nicht mehr zu unterscheiden sind, liegt ihnen kein dynamisches Formprinzip zu Grunde.
Beim gezeigten Beispiel fällt auf, dass beim dynamische Formprinzip, das die Buchstaben auch halb abgedeckt erkennbar bleiben lässt, weniger die Kontraste in der Strichstärke Ausschlag geben. Vielmehr ist es die Konstruktion und Offenheit der Formen, als auch die unterschiedlichen Breiten der Buchstaben. Indra Kupferschmid bestätigt: »Diese Merkmale [des dynamischen Formprinzips] gelten auch bei Verringerung des Kontrasts«.In diesem Sinne ist die Aussage des Schriftgestalters Gerrit Noordzij zu relativieren, wonach der Kontrast der Strichstärken unbedingt zur besseren Leserlichkeit beiträgt (siehe auch im Kapitel Symmetrie)
Es geht also vor allem um eine distinkte Form der Buchstaben. Einige Buchstaben sind in ihrer üblichen Form leicht mit anderen zu verwechseln. Für solche Fälle ist es sinnvoll eine leichter unterscheidbare Variante als Alternative anzubieten. Dies haben wir in der Schrift Anita Sans implementiert.
In der Schrift »Anita Sans« können diese Merkmale, je nach Präferenz von den Lesenden aber auch über ein OpenType-Feature wieder auf die »konventionellere« Form umgestellt werden kann.
Quellen und Zitate
¹ [Anm.: Mit der Klassifikationen von Schriften nach dem Formprinzip (statt historischer Clusterung) hat Indra Kupferschmid einen neuen Standard gesetzt.] Vgl.: Kupferschmid, Indra: »Schriftklassifikation in a nutshell«, https://kupferschrift.de/cms/2009/11/schriftklassifikation/